Man erinnert einen Garten meist als idyllisch und vergisst, dass das Idyll im Garten schwer erarbeitet ist – es gibt viele Kampfzonen im Garten. Kurzen friedlichen Momenten im Garten gehen lange, manchmal erbitterte Kämpfe voraus. Auch darüber muss einmal gesprochen werden. Überall lauern die Probleme. Ich fange mit den Konflikten an, die innere Angelegenheiten der Pflanzen sind. Welche Pflanze ist stärker? Stärker als die andere Pflanze, oder hat sie eine Krankheit? Dann kommt der Kampf Tier gegen Pflanze. Etwa wenn die Schnecke den Salat oder das Reh die Rosensprossen annagt. Und dann das Wichtigste, die Menschen mit ihren unterschiedlichen Vorstellungen von der Schönheit eines Gartens. Es fängt schon damit an, dass manche nicht von Unkraut, sondern von Spontanvegetation oder wilden Kräutern sprechen. Für mich besteht der wichtige erste Kampfschritt darin, meine Feinde korrekt zu benennen: Ich bekämpfe Unkraut!
In einem Gartenessay berichtete eine Frau, dass sie sich vorgenommen hatte, dem Kampf zwischen Wucherpflanzen einfach zuzuschauen und abzuwarten, wer obsiegt. Das klang sehr gelassen, und ich dachte, das versuche ich auch. Dann aber fiel mir auf, dass bei mir nie die Wucherpflanzen gegeneinander kämpfen, sondern immer nur die Unkräuter gegen die Guten, die schönen und wertvollen Pflanzen. Da kann man doch nicht einfach zusehen! Wahrscheinlich hat sie einen riesengroßen Garten und kann sich solche Schlachtplätze erlauben.
Ich gucke inzwischen nicht mehr zu, sondern greife nach einer genauen Prioritätenliste ein. Vor allem Rosen gelten bei mir als edel und bekommen den besten Platz. Obstbäume werden gestutzt, um den darunter wachsenden Blühpflanzen Sonne zu sichern. Mit meinen Rosen- und Astscheren kämpfe ich vor allem im April und Mai wie eine Ritterin für die Guten, denen ich ein Leben auf der Sonnenseite ermöglichen möchte. Aber immer neue Feinde tauchen auf.
Nachdem ich einmal einen Rhododendron für wenig Geld in einem Drogeriemarkt gekauft hatte, waren nicht nur er, sondern auch ein anderer Rhododendron und eine Pieris mit Andromeda (Netzwanze) befallen. Sie wurden ausgemerzt und im Hausmüll versenkt. Dort landen auch Blätter mit Sternruß, Schildlaus, Rollwespen und die vielen anderen, teils unbekannten Scheußlichkeiten, die meine Pflanzen bedrohen.
Nun zu den Tieren, die zu Feinden werden: Nacktschnecken werden bei mir durchgeschnitten. Protestierende Enkelkinder konfrontiere ich mit dem alttestamentarischen Prinzip: Macht Euch die Erde untertan! Zum Glück haben wir keine Wühlmäuse, Maulwürfe, Häschen oder gar Rehe. Naja, die Ratten vom Komposthaufen haben wir nicht gesehen, und wenn wir sie sehen, gucken wir weg.
Zum Schluss komme ich zum hochsensiblen Teil des Kampfes im und für den Garten: Was ist, wenn sich mehrere Menschen denselben Garten zu eigen machen wollen? Dass die Menschen alle gleich sind, steht zwar nicht in der Bibel, aber bei uns gilt es grundsätzlich als Konzept. Schon sind Konflikte da: Mein Mann ist davon überzeugt, dass es richtig wäre, Blattläuse mit Gift zu bespritzen, auch wenn man sie mit dem Finger abstreifen könnte. Besser als jede Überzeugungsarbeit ist es, ihm zuvor zu kommen. Ich muss einfach schneller sein. Nur bei den Lilienhähnchen, die die Samen der Stockrosen verderben, bin ich bereit zum Gifteinsatz. Und wenn es unbedingt erforderlich ist, gibt es auch Giftköder für die Ratten am Kompost.
Der Rasen wird zum Spielen und Toben genutzt. Ich finde, größere Blumenbeete wären schöner. Ganz geschickt pflanze ich erst nur eine Pflanze etwas über den Beetrand. Und dann im nächsten Jahr noch eine… Aber, irgendwann fällt auf, dass der Rasen kleiner wird, weil die Beete größer werden.
Da jedes Enkelkind einen Obstbaum hat, unter dem seine Plazenta eingegraben ist, dürfen sie mitreden, wenn es gilt ihre Bäume zu beschneiden. Bisher konnten sie die Absichten der Großen nachvollziehen, aber Demokratie kann sehr anstrengend sein, zumal die Kinder noch in schwierigere Entwicklungsphasen kommen könnten.
Bisher galt bei uns, dass diejenige, die sich mehr um den Garten kümmert, die den anderen in der Tat ein wenig voraus ist, also ich, die Oma, das gesamte Erscheinungsbild des gemeinsamen Gartens prägt. Das waren Friedenszeiten.