Schon als sich das Flugzeug dem Flughafen in Marrakesch näherte, überraschte mich das viele Grün, in perfekt angelegten Anpflanzungen: vor allem Olivenhaine in geordneten Reihen. Und der erste Eindruck hatte nicht getäuscht: Auf der Rundreise durch die Königsstädte kam ich aus dem Staunen nicht heraus. Auch entlang der Straßen, die durch Wüstengebiete gingen, sahen wir viele Dattelpalmen, manche noch recht jung, Sisal und immer wieder Olivenwäldchen. Unser Reiseleiter, ein Fan des marokkanischen Regierungschefs, berichtete, dass der König jedes einzelne Bäumchen davon gespendet hätte.
Der vergangene Sommer war sehr heiß gewesen, was muss es für eine Mühe gewesen sein, alles zu wässern! Dabei hilft, wie wir sehen werden, das Wasser vom Atlasgebirge. Wir waren zum Glück Anfang November unterwegs und das Klima sehr angenehm. In allen Städten wunderschöne Grünanlagen entlang der Straßen, ob die ehemaligen, französischen Kolonialherren hier ein Projekt der villes fleuries angeregt hatten?
Die meisten Pflanzen ähnelten der Mittelmeerflora: viele Palmenarten, Oleander, Solanum und Plumbago in riesigen Hecken, Geranien und immer wieder Gräser, Yucca und Kaktusfeigen, manchmal auch Gaura. Einiges kannte ich aus Tansania: Jacaranda, die zaghaft blühten und Bougainvilleas in Farben, die sie in Europa nie haben: Gelb, Orange, und alle möglichen Rottöne. Dann gab es auch für mich Neues: rote Pfefferbäume, Arganbäume und in einem geheimen Garten in Marrakesch einen Florettseidenbaum (Ceiba speciosa). Drei davon stehen im exotischen Teil des Gartens und sind eben auch für Marrokaner exotisch: sie kommen aus Südamerika. Mehr dazu dann beim Gartenbesuch.
Besuch bei den Arganbäumen
Argannüsse wachsen nur in dieser einen Gegend bei Essaouira, sonst nirgendwo auf der Welt. Auf Bäumen, die klein bleiben wie unsere Obstbäume. Das daraus gewonnene Öl wird kalt gepresst und kann dann für die Haut und zum Essen verwandt werden, das heiß gewonnene, billigere, nur zum Essen. Es schmeckt angenehm nussig, wer Walnussöl mag, dem wird es sicher schmecken. Zur Behandlung der Haut gab es in unserem Bus viele überzeugte Anhängerinnen von Arganöl, die sich mit den einzelnen Bestandteilen, insbesondere bei den ungesättigten Fettsäuren, gut auskannten. Manche nehmen es erfolgreich als Heilsalbe. Viele hatten auch den Film im Fernsehen gesehen, in dem Ziegen auf die Bäume geklettert waren. Dazu unser Reiseleiter: Im Mai wird geerntet, und dann kommt es auch vor, dass Ziegen die Bäume besteigen, um an den Früchten zu knabbern. Später im Jahr würden sie von den Arganbauern auf die Bäume gehievt und müssten etwa 6 Stunden täglich ausharren, damit Fotografierlustige sie knipsen können und dann hoffentlich eine Gebühr erstatten.
Der gesamte Bus war empört und hat die paar Ziegen, die wirklich auf zwei Bäumen standen, fotografisch noch nicht einmal ignoriert. Dafür waren wir in einer Kooperative, unterstützt von der Königin, in der arme Landfrauen eine Anstellung bekommen. Sie machten vor, wie man früher die Nüsse zwischen Steinen gerieben und dann das Öl ausgepresst hatte.
Zitrusfrüchte als Straßenbäume
Die Straßenbäume waren oft Zitrusfrüchte, während unserer Reisezeit, also im November, begannen sie gerade zu reifen. Viele Bäume trugen Bitterorangen, die man höchstens als Marmelade genießen kann. Geerntet wurden diese Zitrusbäume offenbar nicht, aber stetig in eckigen geometrischen Figuren beschnitten: Quadrate, Rechtecke, selten in Rundformen. Eine Besonderheit waren Rosmarinhecken, geschnitten wie bei uns Liguster in niedrig, sie gab es fast in jedem Garten. Und aus Solanum kann man wandhohe Hecken machen, in denen blaue Sternchen leuchten.
Gartenkunst in Marokko
Von den Gärten, die wir besuchten, werde ich in den nächsten Wochen vier beschreiben: Als ersten den jardin secret (geheimer Garten) in der Medina von Marrakesch. Er pflegt die Jahrhunderte alte Tradition der islamischen Gärten und hat auch von der Ausstellungsdidaktik viel zu bieten. Dort entdecken wir, wie seit Menschengedenken das Wasser vom Atlasgebirge in die Gärten gelenkt wird.
Die anderen Gärten sind: Jardin Majorelle, von Yves Saint-Laurent zu dem gemacht, was er heute ist, das Safran Paradies von der Schweizerin Christine Ferrari und der Skulpturengarten Anima von André Heller. Sie sind sehenswert, aber sie könnten in jedem anderen Land mit warmem Klima sein: Europäer erfüllten sich hier ihre Gartenträume.
Der islamische Garten ist nach außen abgeschlossen, so wie in anderen islamischen Ländern. Meine Bewunderung in diesem Beitrag gilt dem öffentlichen Grün. So gut gepflegte Anlagen gibt es in Deutschland kaum noch. Es erinnerte an die villes fleuries in Frankreich. Hier wird, in einem armen Land, eine alte Kultur gepflegt, die bei uns verkümmert, weil wir es uns nicht mehr leisten wollen.