Kiezspaziergänge sind im Frühling immer etwas länger, da es so viel zu sehen gibt. Wenn ich Lust darauf habe, es so richtig sprießen zu sehen, gehe ich in die Kleingärten. Ihre Zäune sind meist durchsichtig im Gegensatz zu den Villengärten in Wilmersdorf, die vor neugierigen Blicken geschützt sind. Nur die kleinen Vorgärten können wir bewundern.
In den Laubenkolonien lohnte sich auch im Winter ein Besuch: Da gab es Christrosen, die Schneeglöckchen und Krokusse. An einigen Stellen sogar Zaubernuss und Winterjasmin. Diese Winterblüher wurden nun abgelöst durch Frühlingsboten wie Zwiebeln, die im letzten Herbst gesteckt worden sind. Tulpen, Narzissen, Hyazinthen und Traubenhyazinthen stecken ihre Köpfchen raus, auch einige große Kaiserkronen, die in gelb und rot blühen. Mit etwas Glück kommen die Narzissen, Hyazinthen und Traubenhyazinthen über mehrere Jahre wieder, Tulpen werden leider inzwischen so gezüchtet, dass sie nur einmal blühen.
Wenn wir Gärtner sicher sind, dass keine lange Frostperiode mehr ansteht, schneiden wir die alten Blätter, Zweige und Triebe ab, damit sich die neuen Blüten besser präsentieren können. Wer Kompost hat, verteilt eine Schicht auf alle Pflanzen und den Rasen. Das ist Kraftfutter für die neuen Triebe. Einige Pflanzen brauchen keine weitere Düngung und manche möchten etwas gekauften dazu.
Wenn dann Ende März oder Anfang April die Forsythien blühen, ist es an der Zeit, die Rosen zurückzuschneiden. Hierzu lohnt es sich seine Rosen genau zu kennen, denn Strauch-, Kletter-, Beet- oder Edelrose wünschen jeweils einen ganz individuellen Schnitt: Die ersteren möchten eher nur obenrum und die beiden letzteren recht kurz geschnitten werden.
Wer dann mit der Schere in der Hand so richtig in Fahrt gekommen ist, sollte sich aber bremsen (lassen). Da die Vögel bereits angefangen haben zu nisten, ist es zum Schneiden der Sträucher und Hecken zu spät. Das kann dann im nächsten Jahr im Januar oder Februar erledigt werden.
Nach den Zwiebelblühern kommen die Blühsträucher: Magnolien, Flieder, Weigelien, Ginster und mit ihnen die Bäume. Wenn die Obstbäume blühen, lohnt sich wieder der Besuch der Kleingärten. Deren Wege sind öffentliches Gelände. Früher versuchten die Laubenpieper, Passanten abzuschrecken mit ausladenden Tafeln an den Eingangstoren, inzwischen haben ich den Eindruck, als wenn sie sich über Besucher freuten, die voll Anerkennung ihre Gärten bewundern. Es gibt auch Ruhebänke mitten drin.
Eigentlich sind ja die öffentlichen Grünflächen zur Erholung der Bürger da. Leider eignen sie sich immer weniger dazu. Ein Grund ist der tosende Straßenverkehr. Nur selten verweilt ein Entspannung Suchender zum Beispiel am Heidelberger Platz. Oder liegt es daran, dass die Sträucher einer kahlen Rasenfläche weichen mussten? Damit sollen Drogenhändler vertrieben werden, aber leider bleiben nicht nur sie weg. Nicht einmal ein paar Krokusse setzen ein wenig Farbe in die Grünfläche, die Bezirke müssen sparen. Manche Plätze, wie der Rüdesheimer Platz, haben eine höhere Pflegestufe. Hier werden auch Einjährige eingepflanzt, sie müssen wegen der kurzen Lebensdauer, jedes Jahr neu gesetzt werden.
Den Gartenzauber von Zweijährigen und Stauden können sich die Bezirke nicht mehr leisten: Zweijährige zeigen im ersten Jahr nur grüne Blätter, die Blüten kommen erst im zweiten. Akeleien, Nelken, Stockrosen gibt es leider nur noch in Privatgärten. Fingerhüte, die auch zweijährig sind, werden allerdings wegen der Giftigkeit gemieden. Auch Stauden sind nicht pflegeleicht genug: Sie überwintern mit ihren Wurzeln unter der Erde und kommen im Frühling wieder hervor.
Es gibt so viele, dass es vom Frühling bis zum Herbst immer welche gibt, die blühen: Lungenkraut, Maiglöckchen, Vinca, Astern, Gräser, Anemonen. Wenn es ihnen gut geht, vermehren sie sich so sehr, dass sie alle drei- vier Jahre geteilt werden müssen, eine Knochenarbeit, denn der ganze Ballen muss erst einmal ausgegraben, und nach der Teilung wieder an mindestens zwei Stellen eingepflanzt werden.
Einige Gärten in Charlottenburg, beispielsweise am Olivaer- und Savignyplatz sowie in Halensee, haben noch schöne Stauden im öffentlichen Gelände. Besonders viele Stauden finden Gartenfreunde im Botanischen Garten. In der Pflanzzeit im April und September findet hier der Staudenmarkt statt. Mir gefällt dort besonders das viele Grün der Blätter, denn gerade jetzt im Frühling ist nicht jedes Grün gleich grün…