Wer blühende Kamelien sehen will, der sollte für den Frühling eine Reise nach Galizien planen. Im Buchkapitel über unsere Reise dorthin warnte ich schon vor dem Regen in dieser Jahreszeit. Auch wenn wir den Kamelien nur das Beste wünschen, und das scheint Regen zu sein: Ihnen und uns wünschen wir schönsten Sonnenschein beim Besuch …
Im letzten Jahr fuhren wir wieder hin, auch weil Herr Piñeira uns in den Quinteiro da Cruz eingeladen hatte. Diesmal flogen wir über Porto und besuchten danach noch Lissabon. Vorbereitend auf Reisen in für mich neue Länder lese ich gerne Romane, um Stimmungen von Land und Leuten besser zu erfassen. Es wurde ein Roman über die Bewohner eines Hauses in Lissabon von Antonio Lobo Antunes. Besonders sprach mich an, dass er Psychiater war, bevor er Schriftsteller wurde. Welche Einblicke in die Volksseele er haben muss! Im Haus lebte eine verrückte Alte, die niemand so recht ernst nahm. Ihr verrückt Sein bestand darin, dass sie immer wiederholte; „In Galizien regnet es jeden Tag!“
Dort angekommen, erkannten wir, welche Weisheit aus ihr sprach: es regnete wahrhaftig jeden Tag. In unserer Ferienwohnung in Villanova di Arousa blickten wir auf die Ria di Arousa und konnten die Wanderungen der Regenströme verfolgen. Zur Belohnung gab es dann bis zu drei Regenbögen auf einmal zu sehen, ein herrlicher Anblick und das Beste: Wir blieben trocken.
Diese Kamelienreise, vier Jahre nach der ersten, gab uns Gelegenheit, die weiteren Entwicklungen im Pazo Quinteiro da Cruz zu verfolgen. Unter der Leitung von Pedro Piñeira ist er ein botanischer Garten geworden. Immer wieder finden Veranstaltungen statt, die seine Schwester Beatriz organisiert. Zum II. internationalen Tag der Kamelien gab es im Februar 2018 ein Wochenende zum „Fühlen“ der Kamelien, unter anderem konnten sie geschmeckt oder als Tee getrunken werden. Gelegentlich finden auch Treffen der Kameliengesellschaften statt.
Es wurden viele neue Pflanzen gesetzt, die Pedro Piñeira uns ausführlich erklärte. Eine Reihe steht voll mit seltenen Magnolienarten, für die er, wenn ich richtig verstanden habe, bis nach China gereist war. Sie wurden in der Nähe des Eingangs gepflanzt. Ein bisschen eng für meinen Geschmack, er begründete dies damit, dass er erst einmal sehen möchte, wie sie gedeihen, und dass er ihnen später den Platz schaffe, den sie brauchen.
Nicht alle Pflanzen muss er kaufen, er kann sie gegen eigene eintauschen. Er hat auch selbst Kamelien gezüchtet. Als Biologe hat er dazu auch das richtige Rüstzeug. Neuen Sorten gibt er die Namen seiner Familienangehörigen. Aus Bescheidenheit ehrt er bei der Taufe seiner Schöpfungen nicht sich selbst, den Züchter.
Wir durften auch in den Salon, in dem alle erdenklichen Kunstschätze ausgestellt waren, die Kamelien zeigten, die meisten aus Ostasien. Da waren wunderschöne Bilder, auch auf Seide gemalt und erlesene Porzellane mit Kamelienabbildungen. Durch die Datierung dieser Stücke konnte Herr Piñeira belegen, dass es Spanier und Portugiesen waren, die die Kamelien zuerst entdeckten und nach Europa brachten, und nicht etwa die Engländer, die sich dessen gerne rühmen. Bei unserem mehrstündigen Gespräch, so viel Zeit nahm er sich für uns, erkannten wir, welche Bedeutung in seinem Weltbild die spanische und portugiesische Geschichte haben. Diese großen Kolonialmächte hatten sich, lange bevor die anderen kamen, die Welt aufgeteilt, Amerika mehr für Spanier und Asien eher für die Portugiesen. Nach Portugal pflegt er viele Kontakte. Galizien liegt nahe an Portugal, auch die Sprachen, wie wir sie auf den Straßenschildern lasen, sind sich ähnlich.
Zum Abschluss verkosteten wir köstliche Produkte der Kelterei. Nachdem wir so verwöhnt worden waren, besuchten wir keine neuen Pazos mehr. Ein wenig Spazierengehen in Cambados und Pontevedra (Ja, die Kamelien als Straßenbäume stehen noch!) reichte uns, zumal ja das Regenspektakel in der warmen Wohnung immer lockte.
Inzwischen habe ich neue und näher gelegene Kameliengegenden entdeckt: In Nordfrankreich in der Bretagne und in Nantes und Umgebung. Dort traf sich im letzten April die internationale Kamelien Gesellschaft. Fotos zeigen: Manche Kamelien blühen jetzt schon, aber im April wird es überwältigend sein. Und ob es dort auch genug regnet? Da mache ich mir keine Sorgen: Googlen Sie mal das Chanson von Barbara: Il pleut sur Nantes, Nantes im Regen!