Die Hauptstadtgärtner von Elisabeth Meyer-Renschhausen: Eine Anleitung zum Urban Gardening. Tipps vom Allmende-Kontor auf dem Tempelhofer Feld
Der Titel wirkt ganz schön angeberisch bei einem so kleinen Taschenbuch. Ob es sich mit dem Titel besser verkauft? Oder gilt einfach, ganz berlinerisch, „Wer angibt hat mehr vom Leben!“ Denn nicht nur für Berliner ist das Buch lesenswert. Auf seinen knapp 150 Seiten gibt es Tipps, mit vielen Fotos, die auf jedem Balkon, selbst im kleinen Dorf, beim Gärtnern helfen. Denn die Autorin weist gerade auf Dinge hin, die im Verborgenen blühen und fordert auf, sich einzulassen und mitzumachen.
Auf rund hundert Seiten ist das Büchlein ein Ratgeber für das urban gardening: wie baue ich Holzkästen, wie wird kompostiert, welche Pflanzen gedeihen in Kästen? Eine Gastautorin, die österreichische Saatgutexpertin Andrea Heistinger, schreibt über samenfestes Saatgut. Dazu empfehle ich auch meine Blogbeiträge über „Saatgut: Bio oder samenfest“ und das Interview mit Eve Bubenik, die die Samenfesten herstellt. Die im Buch vorgestellten Pflanzen zeigen, welcher Erfahrungsschatz nach 10 Jahren im Allmende-Kontor zusammengekommen ist. (Welche Pflanzen gut in Kisten wachsen.) Es geht nicht nur um allseits bekannte Pflanzen, sondern auch um Exoten wie Okra oder Portulak. Auch erfahrene Gärtner können davon noch lernen.
Im einleitenden wie auch im Schlusskapitel aber geht es um die Geschichte der Allmende und die Zukunft des öffentlichen Grüns, welches von der Gemeinschaft genutzt wird. „Allmende verstehen wir als gemeinschaftliche Verwaltungsform einer natürlichen Ressource zum Nutzen aller.“ Man ahnt schon, wie viel Arbeit, wie viel Bohren dicker Bretter dahinter steckt, um eine solche Allmende-Fläche gerade in der Hauptstadt mit ihrem steten Zuwachs an Einwohnern zu erreichen.
Nonchalant berichtet die Initiatorin des Allmende-Kontors von den wechselhaften Reaktionen gerade von der Politik: Es dauerte Jahre, bis die Gärten auf dem ehemaligen Flugfeld in Tempelhof genehmigt wurden, vorher bedurfte es zahlreicher Aktionen, wie etwa dass die Gärtner, besser: Gartenaktivisten, Blumenkästen auf ihren Rädern montierten, weil sie auch zur Eröffnungsfeier kein einziges Stiefmütterchen in die Erde des Feldes pflanzen durften. Dann kam erst die Genehmigung mit der andauernden Einschränkung: niemals in der Erde pflanzen, nur auf der Erde! Das focht die dreizehn Gründer*innen aber nicht an, als langjährige Gartenaktivisten waren sie das Pflanzen in Containern bereits gewohnt.
Bei Eröffnungen erscheinen und erschienen Honoratioren, selbst eine Landwirtschaftsministerin war und ist des Lobes voll, die FAZ dekorierte zur Grünen Woche, der Show der industriellen Landwirtschaft in Berlin, ihre Beilage mit einem großformatigen Foto der Allmende-Gärten. Im Merian-Heft avancierten die wilden Gärten auf dem Tempelhofer Feld Berlins dann tatsächlich zu einer Attraktion der Kreativhauptstadt Berlin.
Zum Schluss wird die Geschichte des Volksentscheids zur Beibehaltung des Tempelhofer Felds als unbebaute Fläche geschildert. Und es wird grundsätzlich: „Die Nationalökonomen des 19. Jahrhunderts – allen voran Karl Marx – sahen in der ‚Enteignung der Allmenden‘ den Beginn der Konzentration des Reichtums auf Kosten der Armen.“ Das macht nachdenklich.
Am besten gefällt mir aber ein Satz auf Seite 33: „Für jeden Gemeinschaftsgarten gilt: Wenn der Komposthaufen gelingt, dann stimmt auch die Gruppendynamik in der Gartengemeinschaft.“
Mehr Informationen
Titel: Die Hauptstadtgärtner: Eine Anleitung zum Urban Gardening. Tipps vom Allmende-Kontor auf dem Tempelhofer Feld
Autorin: Elisabeth Meyer-Renschhausen
Taschenbuch: 144 Seiten
Verlag: Jaron
Format: Taschenbuch
Erscheinungsdatum: 28. Februar 2015
ISBN-13: 978-3897737631
Preis: 12,95 €