Auch für ihr Buch Von Bienen und Menschen: Eine Reise durch Europa nimmt die Autorin uns mit auf ausgedehnte Reisen, am Anfang und zum Schluss sind wir wieder bei Galina in Jasnaja Poljana, dem ehemaligen Trakehn bei Kaliningrad, wo wir schon beim Akazienkavalier waren. Die Reise geht bis zu den Pyrenäen, und über Gotland nach Slowenien. Einmal geht es nur von Lüneburg kurz mal über die Elbe, in das ehemalige Zonenrandgebiet, wo nach dem Mauerbau im Todestreifen Bienen gehalten wurden.
Ulla Lachauer‘s Kunst besteht darin, in ihren Gesprächen eine vertraute Atmosphäre zu schaffen, so dass die Menschen gerne von den Bienen in ihren Leben erzählen. Im Vorwort lesen wir, warum sie verstehen möchte, was Bienen den Menschen bedeuten, früher, während der gesellschaftlichen Umbrüche dieses und des letzten Jahrhunderts und jetzt, wo durch die Gifte der industriellen Landwirtschaft Bienen und andere Insekten sterben.
Zwischen den Texten stehen Rezepte, die sich für verschiedene Honigarten eignen, man liest, wie unterschiedlich Honig ist, je nach der Tracht, also der jeweils blühenden Pflanzen. Und wir lernen, dass Tannenhonig von Ausscheidungen von Blattläusen gewonnen wird, also eigentlich ziemlich eklig ist.
Ein Glossar zum Schluss klärt auf über das zur Bienenhaltung verwandte Vokabular und endlich glaube ich nun, deren ungewöhnliche Paarungsabläufe verstanden zu haben.
Von den zehn Orten, in denen die Begegnungen stattfanden, möchte ich einige vorstellen:
Wir beginnen in Stuttgart, wo ein Stadtbauer ihr sein Revier zeigt: eine Industriebrache, auf der er 15 Stöcke hält. Den Bienen fehlt es an nichts: die Spontanvegetation blüht, etwas weiter ist eine Lindenallee Der Stuttgarter Honigbauer arbeitet ohne Schutz, seine Bienen kennen ihn. Dann wird ein Volk einlogiert, also in seine Behausung eingeführt, dabei sind Geduld und Beobachtungsgabe gefragt.
Wer an einem bewohnten Stock arbeiten will, braucht einen Smoker, den hat jeder Imker. Wenn es nach Rauch riecht (und, wie wir sehen werden, hat jeder Imker sein Spezialrezept für seinen Rauch) glauben, die Bienen es wäre Waldbrand, packen ihre Vorräte für die Flucht, so kann der Imker sich in Ruhe am Stock zu schaffen machen.
Danach besuchen wir im Schwarzwald die Familie Pfefferle, eine „Bienendynastie“ seit Generationen, ein Vorfahre hat ein wichtiges Buch geschrieben. Mit seiner Schwiegertochter, inzwischen auch über sechzig Jahre alt, gehen wir zu den fünfzehn Völkern. Sie kontrolliert, wie groß die Schäden sind, die die Varroamilbe angerichtet hat (drei Völker müssen in Quarantäne) und erfahren, wie unterschiedlich Männer und Frauen als Imker sind. Und wir werden an das große Bienensterben am Oberrhein im Jahr 2008 erinnert, als Neonicotinoide in der Landwirtschaft eingesetzt wurden, später heißt es: „seitdem kämpfen die Imker für ihr Verbot.“
Länger halten wir uns in Slowenien auf, ein Land, das eine besonders lange Imkertradition hat, und als einziges europäisches Land die Imkerei staatlich fördert. Unser Gesprächspartner ist Franc Sivic, dessen Deutsch einen österreichischen Klang hat und der viel über die Geschichte der Bienen und Menschen im ehemaligen, Habsburg, aber auch im ehemaligen Jugoslawien weiß.
Für den Bienenhalter sind die Rassen wichtig: die heute in Europa verbreitete Carnica ist einfacher zu halten, als stechsüchtigere Rassen. Viele Imker sind begeistert von den Möglichkeiten, selbst zu züchten, schon seit Jahrhunderten werden Königinnen ex- und importiert. Kein Wunder, dass es während der Nazizeit vergleichende Theorien zu besseren Rassen nicht nur bei Bienen gab, bisher (das Buch erschien 2018) haben Imkerverbände dies nicht aufgearbeitet.
Veränderungen der Umwelt beeinträchtigen die Imkerei, überall, wo die Vielfalt der Blühpflanzen zum Verschwinden gebracht wurde, am schlimmsten ist es, wenn nach dem Juli nichts mehr blüht, oder wenn, wie bei Galina in Russland, aufgrund wechselnder Besitzverhältnisse gar nichts angebaut wird, oder dass sie sterben, wie beim Imker in Südfrankreich, der Gifte vermutet, die in der Landwirtschaft verwendet wurden.
Im Nachwort werden neben den ideellen die wirtschaftlichen Seiten der Imkerei zusammengefasst: Der Honigbauer braucht kein eigenes Land, und während der vielen Krisen, die die Menschen auch in Europa immer wieder heimsuchten, erbrachte der Honigverkauf ein Zubrot. Das wäre etwas für Sie?
Als Städterin empfehle als zukünftigen Standort Städte. Wir selbst bringen seit einem Jahr keinen Honig mehr von unseren Reisen zurück. Aber wir nehmen Berliner Stadthonig als Mitbringsel: der ist weniger mit Schadstoffen belastet, als der, den man in Dörfern bekommt. Für den Anfang reicht ein kleiner Stock …