Wir haben eine Kirsche gefällt. Vor über zwanzig Jahren von uns gepflanzt, eine Dönissens Gelbe. Diese Süßkirsche hatten wir ausgewählt, da Vögel sie aufgrund der Farbe nicht anpicken, da sie denken, eine gelbe Kirsche kann noch nicht reif sein. Das stand so im Buch und traf zu. Aber sie schmeckte uns nicht so sehr wie die rote Knupperkirsche, die gleichzeitig reif wurde. Manchmal ertappte ich meinen Mann sogar dabei, süße Kirschen im Laden zu erstehen, wenn unsere noch am Baum waren. Auf die Knupperkirsche wurden (sieben Versuche, über zwei Jahre, von denen zwei angingen) Zweige der Dönissens aufgepropft, da sie deren Befruchtersorte ist.
Ihr einziger Vorteil war also, Befruchter zu sein, ansonsten wurde sie doppelt so groß wie gewünscht und verschattete zwei Apfelbäume, einen Birnbaum und die junge Feige. Ob das als Rechtfertigung reicht? Ich weiß, dass ich für Viele nicht als Naturschützerin bestehen kann, nach so einer Missetat.
Ich gestehe: Schon jetzt, wo der Stumpf noch steht, freue ich mich über diese Vergrößerung des Raumes. Und wie die Rosen sich freuen werden! Und die Eisenhüte, die Baumpäonie, die Astern und Phloxe und die Feige wird bestimmt endlich mal tragen!
Als wir einmal einen Eichensämling im Garten hatten, habe ich ihn in einer kleinen Zeremonie auf dem ehemaligen Todesstreifen eingepflanzt, bei Frohnau, wo ich aufgewachsen war. Und mir fiel ein Erlebnis von Frühling des letzten Jahres ein: Die Gartenakademie in Zehlendorf feierte Jubiläum und war gut besucht. Schon als wir noch einen Parkplatz suchten, fiel auf, dass die Leute Tüten mit Jungbäumchen vor sich her trugen. Auch mir wurde dann beim Kauf (es gab Rabatte!) eine kleine Eichenpflanze angeboten.
Als ich sie ablehnte, weil mein Garten so klein sei, erntete ich einen verständnislosen Blick. Man hätte ein tausend Stück bestellt, um sie Kunden zu verschenken. Aber, welcher Kunde hat ein Anwesen von einer Größe, die einer Eiche den Raum bietet, den sie braucht? In der Gartenzeitschrift kraut und rüben vom Februar 19 ist zu lesen, dass etwa die Hälfte der Gärten in Deutschland kleiner als 200 Quadratmeter groß ist, in Berlin werden sie wohl kaum größer sein als der Durchschnitt.
Mir fielen einige Gespräche unter Berliner Gartenbesitzern ein, große Bäume sind immer ein abendfüllendes Thema: Am interessantesten die Geschichte von einer Familie, deren Terrasse im Schatten ehrwürdiger Kastanien liegt, die nicht gefällt werden dürfen. Die untere Naturschutzbehörde argumentiert mit dem Umweltschutz und dem Nutzen für das Klima. Der Besitzer rechnete dagegen auf, dass die vierköpfige Familie Jahr für Jahr nach Teneriffa fliegen muss, um etwas Sonne oder wenigsten Licht zu sehen, aber ohne Erfolg.
Aber da war noch etwas, woran ich mich erinnerte: Wer sich Vorstellungen davon machen möchte, sie groß Eichen in achtzig Jahren sein werden, kann Olympiaeichen googlen. Bei der Olympiade 1936 wurden den Siegern einjährige Stieleichen geschenkt, immer wieder gibt es Berichte, wie nun mit diesen Eichen und ihrer Geschichte umgegangen wird, in England, Neuseeland oder den USA. Ganz ausdrücklich sage ich, dass ich nicht vermute, die Leiterinnen der Akademie, wollten an diese großdeutsche Tradition anknüpfen!
Im „Englischen Gärtner“ von Robin Lane Fox lese ich mit Interesse, dass er, um sein neuerworbenes Gelände für sich zu gestalten, erst einmal über einhundert riesige Leyland-Zypressen gerodet hat. „Und es ist nie zu spät, das Licht hereinzulassen.“
Für uns Gärtner in kleinen Stadtgärten ist kein Platz für Eichen. Irgendwo außerhalb finden sich sicherlich schöne Plätze für sie, noch ist Pflanzzeit! Vielleicht kann man seine Eiche später auch mal besuchen. Ansonsten gilt für große Bäume in kleinen Stadtgärten: Die Risiken der Nebenwirkungen ertragen Ihre Enkel und deren Nachbarn!