Als die junge deutsche Gartenplanerin Gabriella Pape in England auf der Chelsea Flower Show, dem Hollywood unter den Gartenschauen, ausstellen durfte, erregten die angepflanzten Gräser größte Aufmerksamkeit. Als ich dies las, fiel mir rückblickend auf, dass ich in England vor über zwanzig Jahren selten Gräser als Strukturbildner in Gärten gesehen habe. Da sind wir hier, vor allem in Berlin, mit ihnen vertrauter. Selbst öffentliche Plätze, vor allem die neueren Anlagen, wie etwa auf dem Olivaer Platz, zeigen viele Gräser. Auf der Landesgartenschau in Oranienburg schwelgte man in hohen Gräsern. Als ihr „Entdecker“ kann Klaus Förster gelten, der Gräser gartentauglich machte, wie man auch in seinem Garten bei Potsdam sehen kann. Von ihm gibt es viele eingängige Sprüche zu Gärten, hier nun der zu Gräsern: Er bezeichnet sie als das Haar der Mutter Erde.
Im Sommer 2011 besuchte ich den neu angelegten Garten des Arundel Schlosses an der englischen Südküste und sah viele Gräser, so als wären sie nun auch dort eingeführt. Es gab eine Vielzahl an Gräsern, nicht nur das riesengroße Pampasgras, das dort vom Golfstrom warmgehalten wird.
Sie erscheinen in den Sommermonaten auf der Bühne, wenn die großen Diven sich zurückziehen, die Tulpen und Narzissen sind schon vergessen, die Rosen hatten ihren ersten großen Flor, die Pfingstrosen gehören längst abgeschnitten, es wird leer im Garten. Dann erreichen sie ihre Höhe und füllen die Lücken. Auch wenn sie nicht alle blühen, machen sie viel her. Und wie sie sich im Wind bewegen!
Für Karl Foerster war das Züchten der Wildsorten eine der Lebensaufgaben. Schon Anfang der dreißiger Jahre wurde er von seinen Mitarbeitern wegen seines „Gräserfimmels“ belächelt. In einem Gespräch klagt er: „Gräßlich ein Garten ohne Gräser!“ Da plante er schon seine Publikation zum Einzug der Gräser in den Garten, die erst 1957 erschien. Er bedauerte das Fehlen botanischer Forschungen zu einzelnen Gräsern (Ein Garten der Erinnerung).
Für Gräser gilt, wie für alle Pflanzen, dass sie unterschiedliche Ansprüche haben, sie mögen es sonnig oder schattig, trocken oder am Wasser stehend, und natürlich kommt es, wie immer, auf den Boden an. Die Angaben dazu stehen in den Katalogen der Staudengärtnereien. Für uns ist auch die Winterhärte wichtig. Wie oft habe ich schönstes Pampasgras aus Spanien mitgebracht, hier eingepflanzt und dann im nächsten Winter verloren! Aber es soll welche geben, die für unsere Bedingungen gezüchtet wurden, gesehen habe ich sie bisher noch nicht.
Die gegenteilige Erfahrung machte ich mit Chinaschilf, ich bekam es als Ableger geschenkt und freute mich über die Wüchsigkeit, bis ich nach drei Jahren merkte, dass es sich durch Wurzelausläufer in den Beeten kreuz und quer verbreitet hatte und im schönsten Beet in der Mitte des Gartens begonnen hatte, die anderen Pflanzen zu verdrängen. Nachdem es nicht gelang, es zu bändigen, rottete ich es aus, bis auf ein Restchen im Kübel. Wahrscheinlich war es eine Silberfeder, sie wurde über einen Meter hoch.
Ein anderes Chinagras, das Zebragras mit gelben Querstreifen auf den Halmen, gedeiht gut im lichten Schatten. Da wird es über einen Meter hoch. Zur Blüte hat es das Gras bei mir noch nicht gebracht, aber sich etwas vermehrt, sodass ich es schon teilen und an einer anderen Stelle einpflanzen konnte. Gut macht sich das Lampenputzergras. Es mag die Sonne und hat sich so vermehrt, dass ich es teilen musste. Reitgras hat sich bei uns nicht gehalten. Im Botanischen Garten fiel mir auf, dass es dort beim Wasser steht. Vielleicht war es hier zu trocken.
In einem Beet gibt es eine kleine Segge, wahrscheinlich eine Morgensternsegge, die im Frühjahr zwar regelmäßig wiederkommt, aber sich nicht vermehrt. Für den Vorgarten kaufe ich immer wieder Blauschwingelgras, weil ich eine silbrige Ecke anstrebe, es vermehrt sich aber kaum. Vor allem nach dem Winter ist es eher gelb und grün, von silbrig blau keine Spur. Es beherzt abschneiden, wie die anderen hohen Gräser, hilft. Es kann dann schön von unten durchtreiben.
Gut gefallen mir die Gräser mit raffinierten Ähren. Erst war mir das Plattenährengras eingegangen, der dritte Versuch hat es dann gebracht. Dann gibt es noch die Stipa, mit sehr dünnen Härchen und Zittergras, mit kleinen weißen Wölkchen. Ich muss sie alle irgendwann einmal durchprobieren. Man kann sie als sehr hohe oder auch niedrige Pflanzen inszenieren. Ich lasse sie im Winter stehen. Dann gibt es helle Büschel, die sich mit dem Wind bewegen und vor allem mit Raureif wunderschön aussehen. Die vertrockneten Halme werden erst bei Frühlingsanbruch abgeschnitten.