In diesem Beitrag geht es um das schöne Buch Pflanzenrevolution – Wie die Pflanzen unsere Zukunft erfinden. Mein Denken über Pflanzen hat sich geändert, seit ich das Buch Die Intelligenz der Pflanzen von Mancuso las. Diese Rezension ist sehr ausführlich und Sie sollten sie jetzt lesen, da ich mich darauf beziehe. Beim ersten Buch nahm ich vor allem mit, dass Pflanzen, weil sie sich nicht bewegen, (fast) alle Fähigkeiten in jedem Körperteil erneuern können, sie sind modular aufgebaut. Wenn ein Feind sie anfrisst, wächst (fast) alles nach, so wird kompensiert, dass sie sich nicht fortbewegen können.
Ich hatte die einzelnen Kapitel vorgestellt und im Wesentlichen beschrieben. Als unsere Tochter Katrin (so wie immer, vielen Dank!), die Beiträge ins Netz stellte, gab es dazu vom Verlag eine ausführliche Leseprobe. Daraus gehen die einzelnen Kapitel hervor. Ich will mich deshalb hier darauf konzentrieren, was ich von diesem Buch nun mitnehme:
Pflanzen denken sich (ohne ein Gehirn zu haben!) sehr viel aus, um sich zu vermehren. Sie produzieren neuroaffine (nervengängige) Substanzen, um die Konsumenten dieser Substanzen in ihrem Sinne zu beeinflussen. So produzieren Akazien alkoholhaltigen Nektar, der Ameisen anlockt. Diese beschwingten Ameisen bewegen sich schneller – und tragen, wie gewünscht, den Akaziensamen weiter.
Bei Menschen sind es Rauschmittel wie Koffein oder Nikotin. Man nennt das in der Welt der Wissenschaft „drug reward paradox.“ Besonders beeindruckt ist Mancuso von Menschen, die gerne sehr scharf essen. Er beschreibt den großen Markt für Chilipflanzen, der den danach Süchtigen ihre Droge verschafft. Die Pflanzen tun was dafür, dass wir sie verbreiten. (Kapitel Chilisüchtige und andere Pflanzensklaven)
Ein anderer Strang ist eine Parallele zwischen dem modularen Aufbau der Pflanzenzellen und dem Internet. Es hat auch viele kleine Zentren, statt einer Kommandozentrale. Auch hier gibt es Etwas von den Pflanzen zu lernen. Das eine Gehirn, die eine Führungsperson kann sich irren, viele Meinungen können zu einer ausgewogenen und deswegen richtigeren Meinung zusammengefasst werden.
Er lässt uns an seinen Projekten teilnehmen. Denn er stellt auch mit einer sympathischen Selbstironie Ideen vor, die noch nicht ganz fertig sind: Wenn wir etwa planen, Menschen auf den Mars zu schicken, brauchen sie Nahrung für unterwegs und auch für dort. Das kann nur pflanzliche Nahrung sein, also müssen wir uns fragen, wie Pflanzen in der Schwerelosigkeit gedeihen. Dazu gibt es ein Foto vom schwerelos schwebenden Stefano Mancuso. Wie es den Wurzeln dabei geht, können sie im Kapitel Weltraumpflanzen nachlesen.
Im Kapitel Leben ohne Süßwasser erprobt er ein im Meer schwimmendes Treibhaus, in welchem frischer Salat energieneutral produziert werden kann, für die jetzt schon beginnende Zeit, wenn Wasser auf der Erde knapp wird. Es sind solche Details, die mir beim Lesen Spaß machen. Oder: Wussten Sie, dass die Menge des eingesetzten Glyphosats sich in vierzig Jahren verdreihunderfacht hat? Und dass der US Bürger zu 69 Prozent aus Maismehl besteht?
Auch dieses Buch lebt von seinen fundierten Kenntnissen der Wissenschaftsgeschichte, er stellt uns längst verstorbene Forscher vor. Einmal, als es darum geht, wie Pflanzen sehen können (Kapitel: Die raffinierte Kunst der Nachahmung), zitiert er Einstein: „Vielleicht ist es eine wundervolle Theorie, die leider von der hässlichen Wirklichkeit zerstört wird.“
Das Buch ist aufwendig, man kann sagen liebevoll, gestaltet, über 250 Seiten mit vielen Abbildungen. Wieder bestechen die vielen Literaturangaben, die zum Weiterlesen (meist auf englisch) einladen. Im Klappentext steht “… Pflanzen haben schon vor undenklichen Zeiten optimale Lösungen entwickelt. Ein Buch, das die Pflanzenwelt erforscht, um die Zukunft der Menschheit zu imaginieren.“
Als Geschenk für jüngere Forscher würde ich weiterhin die Intelligenz der Pflanzen vorziehen. Für Menschen mit wissenschaftlichen Erfahrungen eignet es sich, da es unsere Phantasie anregt. Viel Spaß beim Lesen!