In Lyon gibt es ein kleines Gärtchen zu besichtigen, Rosa Mir, wie ein begehbares Märchen, auf weniger als 400 Quadratmetern in einem Hinterhof. Schon die Geschichte seiner Entstehung berührt: Ein aus Spanien stammender Kunsthandwerker mit dem Namen Jules Senis hatte während einer schweren Krankheit beschlossen, seiner Mutter ein Denkmal zu setzen und es nach ihr zu benennen, Rosa Mir Mercedes. Nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus 1962 baute er fünfundzwanzig Jahre lang daran, bis zu seinem Tode. Es liegt im 4. Arrondissement von Lyon.
Die Wände und Säulen sind wie eine Kapelle eingerichtet, über und über mit Muscheln, Schnecken und feinen Steinen belegt und dann mit Stauden bepflanzt, auf dem Boden große Herbstanemonen und Taglilien, in den Jakobsmuscheln klitzekleine Fetthennen. Da die Kapelle kein Dach hat, kann man von oben alles sehen. In der Mitte ist eine Säule, die die Madonna ehrt. Der Stil erinnert an Gaudí und könnte durchaus als kitschig bezeichnet werden, aber das sind ja alle Märchen irgendwie.
Mich brachte der Garten nicht zur Andacht, eher zum Grübeln: Ob die Mutter den Garten je gesehen hat? Jules war während des Bürgerkriegs in Spanien nach Frankreich geflohen. Seine Krankheit hat er ein Vierteljahrhundert überlebt. Ist der Garten wieder einmal ein Hinweis darauf, dass Gärtnern Heilkräfte verleiht?
Nach seinem Tode hatte sich eine Gruppe zusammengeschlossen, um Rosa Mir zu erhalten, inzwischen ist es Eigentum der Stadt Lyon. Zu besichtigen in den Sommermonaten jeden Samstag von 14 bis 17 Uhr 30. Der Eintritt ist kostenlos. Wir waren an einem 6. Juli da und konnten gleich reingehen. Sonst gibt es Schlangen, in denen man über eine halbe Stunde warten muss, sagte der Bewacher.