Rezension: Der glückliche Horizont: Was uns Landschaft bedeutet von Susanne Wiborg

Dieses Buch Der glückliche Horizont: Was uns Landschaft bedeutet lese ich seit vielen Monaten mit wachsender Begeisterung: Es kommt mit einem breiten Wissen daher, mit vielschichtigen Beobachtungen und Reflexionen, immer neuen Aspekten, es ist kein Buch zum Auslesen. Die Kolumnen der Autorin über ihren Garten mit seinen vielen Gästen mag ich seit Langem. Nun kommt die Bewunderung für ihre Kenntnisse der Literatur zu Landschaften, in allen Epochen der Literatur, aber auch das naturwissenschaftliche und geschichtliche Wissen.

Wer hat alles zu Gärten geschrieben? Sorgfältig mit Textbeispielen zitiert werden antike Griechen, Shakespeare, Goethe, Schiller, Heine, auch Rosegger und viele mir Unbekannte. Schon im Vorwort werden wir, mit Hilfe von Tucholski auf den „Rhythmus der Landschaft“ hingewiesen, die die Dichter beobachtet, gefühlt und dann beschrieben haben. Und getröstet: „Allen Klagen, sogar allen menschlichen Zerstörungs-Anstrengungen zum Trotz hat die Landschaft um uns herum ihre Seele noch nicht verloren.“

Im ersten Kapitel, zum Berg, lesen wir, wie die Berge Mitte des 19. Jahrhunderts für Touristen entdeckt wurden, welche Anziehung sie ausübten, obwohl sich von ihrer Mächtigkeit Viele auch abgestoßen fühlen.

Dazwischen lernen wir, wie das Schneeglöckchen durch den Schnee stößt und es versteht, das UV-Licht zu nutzen. Dann kommt das Heidi-Idyll und auch die Bedrohung durch die Klimakrise: Hier steigen die Temperaturen schneller an, nicht nur Gletscher schmelzen, auch im Gesteinspermafrost gebundenes Eis taut und führt zu Steinbrüchen. Das Kapitel endet dann mit einem Gedicht von Kästner von 1930: Maskenball im Hochgebirge. Hier die letzten Strophen:

„Das Gebirge macht böse Miene.
Das Gebirge wollte seine Ruh.
Und mit einer mittleren Lawine
Deckte es die blöde Bande zu.

Dieser Vorgang ist ganz leicht erklärlich,
Der Natur riß einfach die Geduld.
Andere Gründe gibt es herfür schwerlich.
Den Verkehrsverein trifft keine Schuld.

Man begrub die kalten Herrn und Damen,
Und auch etwas Gutes war dabei:
Für die Gäste, die am Mittwoch kamen,
wurden endlich ein paar Zimmer frei.“

Dann kommt „Die fruchtbare Landschaft: Feldmark“ gefolgt vom Fluss, der „symbolischen Landschaft“. Dass alles fließt, wusste schon Heraklit, Zuckmayer leitet den Spracherwerb des Kindes vom Fluss des Wassers ab und Morgenstern überlegt:

„Waagrecht diese Wasser, –und zu Ende
Wellenspiel und jähe Formenwende!
Wo liegt’s? Der Wechsel selbst, für sich allein?
Der Wechsel nur in mir, nur Form, nur Schein?“

Aber mit Flüssen wird auch Politik gemacht, von der Maas bis an die Memel, sie sind Heimat und auch mal Vater: Rhein. Dann geht es zur aktuellen Situation der Flüsse, am Beispiel der Ahr, und wir erfahren, dass das Bestreben, Flüsse zu regulieren, schon vor Jahrhunderten versucht wurde, und gescheitert war. In Schottland gab es schon im 13. Jahrhundert „frühe Umweltschutzgesetze:“ Ein dreijähriges Schwein muss sich in einem Strom in alle Richtungen bewegen dürfen, ohne mit Schnauze oder Schwanz anzustoßen. Das war die Stelle, wo ich gegoogelt habe und fand: Ja, Frau Wiborg hat auch Geschichte studiert.

Es kommen dann Heide, Meer und Küste, Moor und die fröhliche Wiese, um mit der „Seelenlandschaft: Wald“ zu enden.
Hier wird nicht nur nach Waldeslust geschmachtet, wir erfahren, wie der Krieg um den Teutoburger Wald ablief, welche Sünden Förster begangen haben und auch, wie Helmut Kohl die Bedeutung des Waldes für Deutsche einschätzte. Es gibt immer wieder etwas Überraschendes in diesem Buch zu finden…

Ein Kommentar

  1. Liebe Eva,

    danke für die erfrischende Rezension! Als Bergeklimmerin haben mir die Verse von Kästner sehr gefallen….

    Herzliche Grüße
    Elisabeth

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