Drei Jahre, nachdem ich das Kapitel zu den Tomaten geschrieben hatte, und in dem ich von meinem Traum berichtete, irgendwann mal Tomaten im Überfluss zu haben, ist es so weit! Wir haben zwar noch keine Tomatensuppen gemacht, aber reichlich gegessen und auch verschenkt.
Inzwischen weiß ich auch mehr darüber, was man falsch machen kann. Da sind erst einmal die Sorten: Wir haben überwiegend Harzfeuer und eine Cocktailtomate, beides schon in der DDR bewährte Sorten und sie tragen gut. Dazu eine mit kleinen eiförmigen Früchten und einige geschenkte Ableger, deren Namen wir nicht kennen. Da nun so viele Tomaten verzehrt werden, befinden sich auch in der selbstkompostierten Erde immer wieder ihre Samen, die sich dann selbst aussäen, wo es ihnen gerade passt. Wegen meiner Schwäche für Wildes lasse ich sie immer dann zu, selbst wenn sie meine ehrgeizigen Pflanzenarrangements (ein bisschen) stören. Eine stand im letzten Jahr so gut, dass wir bis zum Dezember Tomaten ernten konnten.
Anfangs hatte ich noch den Drang, Neues zu erproben, zum Beispiel die Ochsenherztomate (sie ist auf dem Foto im Kapitel zu sehen). Sie war dann zweimal von Braunfäule befallen, blieb klein, wurde braun und ungenießbar. Die Braunfäule wird verursacht durch einen Pilz (Phytophthora infestans), der oft von Kartoffeln, als einem anderen Nachtschattengewächs, kommt; auch wenn die Kartoffeln weiter weg stehen. Viel Regen befördert das Wachstum dieses Pilzes, das war in den Vorjahren der Fall, die Harzfeuer standen daneben und waren nicht befallen. Nun kommen mir die Ochsenherzen nicht mehr in den Kübel, obwohl sie einen besonderen, nussigen, Geschmack haben.
In diesem Jahr gibt es eine andere, nicht-infektiöse Störung: die Blütenendfäule. Als ehemalige Kinderärztin würde ich sie eine Ernährungsstörung nennen. Die Tomaten reifen aus, sehen von oben wunderbar aus, haben unten aber, am Gegenpol zum Stiel, einen Fleck, mal grau, mal braun, wie eine Narbe. Die ersten davon wurden noch weggeschmissen, inzwischen weiß ich, dass man sie ohne Bedenken essen kann. Die Stelle schneide ich natürlich weg, aus ästhetischen Gründen. Manchmal bleibt die Tomate, auch wenn sie reift, an diesen Stellen einfach grün, wie auf dem Bild.
Grund für diese Ernährungsstörung ist der hohe Anspruch der Tomaten an ihre Versorgung. Der Begriff „Vielzehrer“ bringt es auf den Punkt: Sie wollen regelmäßig nicht nur ihr Wasser, sondern auch Dünger und Mineralien. Wenn wir ihren Ansprüchen nicht genügen, bestrafen sie uns mit welken Blättern und eben den dunklen Narben im Gewebe.
Dazu zitiere ich den Gärtner Pötschke. Er schrieb auf seiner Website: „Darüber hinaus sollte auf eine möglichst gleichmäßige Wasserversorgung geachtet werden. Denn Calcium wird aus dem Boden über die Leitungsbahnen in die Blätter und Früchte transportiert. Angetrieben wird dieser Saftstrom durch die Verdunstung der oberirdischen Pflanzenteile. Er gerät immer dann ins Stocken, wenn der Boden durch eine unzureichende Bewässerung zu trocken ist oder wenn die Pflanze durch eine zu hohe Luftfeuchtigkeit nur wenig Wasser verdunstet. Die Folge ist eine Unterversorgung mit Calcium, unabhängig davon, dass der Nährstoff unter Umständen in ausreichenden Mengen im Boden vorhanden ist. Hinzu kommt das Problem, dass die die Früchte im Verhältnis weit weniger Wasser verdunsten als das Laub. Dies führt dazu, dass das wenige Calcium, was überhaupt noch über die Leitungsbahnen transportiert wird, zuerst in die Blätter befördert wird und erst an zweiter Stelle in die Früchte gelangt. Diese Ungleichverteilung wird durch eine zu starke Stickstoffdüngung noch verschärft, die zu einem übermäßigen Blattwachstum führt. Schnell wachsende Sorten sind aus diesem Grund besonders häufig von der Blütenendfäule betroffen.“
Meine Lehren daraus: Regelmäßiger wässern, nicht nur düngen, sondern auch kalken. An anderer Stelle im Internet wird hingegen vor dem vielen Kalk im Leitungswasser gewarnt, Regenwasser soll man nehmen und das Leitungswasser wenigsten abstehen lassen. Kann mir jemand erklären wie das zusammen passt?
Besser wäre es, nicht nur regelmaßiger zu ernähren, es sind auch immer Blätter zu entfernen, vor allem die unteren, da sie den Früchten Wasser und Nährstoffe rauben. Es reicht also nicht nur die Seitentriebe auszugeizen. Um als Preis Tomaten im Überfluss zu haben ist Fleiß angesagt. Schon kommt als Zukunftsfrage: Brauchen wir jedes Jahr so viele Tomaten?
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