Beim letzten Mal schrieb ich über meine Erfahrungen beim Lesen von Blogs über Gärten.
Was Zeitschriften anbelangt: Ich hatte ein Jahr lang kraut und rüben abonniert und sehr gerne gelesen. Auslöser für mein Abo war ein Artikel im Februar 2017 über samenfeste Samen und die Bestrebungen der Saatguthersteller, diese vom Markt zu drängen. Siehe auch meine Blogbeiträge „bio oder samenfest“ und mein Interview mit Eve Bubenik, die samenfesten Samen herstellt!
Von derartigen Artikeln kamen in kraut und rüben dann ein Jahr lang keine mehr und es ging mehr um die Erträge bei Nutzpflanzen, alles mit großer Sachkenntnis und Erfahrung geschrieben. So wie ich es im Buch gesagt hatte: Beim Schreiben ahnte man noch das Schwarze unter den Fingernägeln des Gärtners. Besonders gefielen mir die Seiten von Herrn Pfenningschmidt über Stauden, passend für meinen Blumengarten. An den Hinweisen für den Nutzgarten verlor ich das Interesse und bestellte sie wieder ab.
Aber eine Erfahrung konnte ich am eigenen Leib erleben: Aus der Erwachsenenpädagogik weiß man, dass man Erwachsenen Dinge, die sie neu lernen, mindestens dreimal sagen muss, bis sie was behalten. Ich habe die Zeitschriften aufgehoben und nehme mir die des Vorjahres immer zur passenden Zeit vor und fand darin im zweiten Jahr immer noch (oder wieder?) Neues. Gebe mir noch ein Jahr, bis ich sie vielleicht doch wieder abonniere, denn Herr Pfenningschmidt schreibt weiter. Und es beruhigt mich, dass ich so vorurteilsfrei bin, und auch männliche Autoren mein Gefallen wecken.
Ob ich die LandLust nochmal lesen werde? Weiß nicht. Ich hatte sie mir im letzten Sommer als Reiselektüre gekauft. Das Editorial der Chefin, Frau Frieling-Huchzermeyer in der Ausgabe Juli/August 2018 verstörte mich. Dort fordert sie gegen das Insektensterben, wir fleißigen Gärtner in unseren Gärtchen sollen den Bestäubern der Pflanzen den „Tisch decken.“ „Vor allem die unscheinbaren Wildbienen machen sich in kleinstrukturierten Gärten gern heimisch.“
Wir sollen emsig gegen das Insektensterben anpflanzen. Es gelte, „das Große und Ganze im Blick zu haben….die Botschaft lautet: Lasst Blumen blühen!“ Mich trieb es dazu, endlich mal zu googeln, in welchem Großen und Ganzen sich die Chefredakteurin der LandLust bewegt. Sie ist, wie ihr Ehemann, diplomierte Landwirtin, und lebt im von ihm bewirtschafteten Hof. Es wurden mehrere Tage, die ich mich vor allem mit der Entstehungsgeschichte der LandLust beschäftigte. Wie schön, als Rentnerin, gerade im Winter, so viel Zeit zu haben!
Nach dem Diplom begann Frau Frieling-Huchzermeyer ein Volontariat im Landwirtschaftsverlag Münster. Dort erlernte sie den Journalismus, vorerst schrieb sie für Landwirte. Besonders gefiel mir eine Artikelserie von 1998 über die Probleme der Mehrgenerationenhaushalte, wie sie auf vielen Höfen existieren, mit möglicherweise problematischen Beziehungen zwischen Schwiegermutter und Schwiegertochter. Als die Höfe starben, und damit die Leserinnen der Produkte des Landwirtschaftsverlags ausblieben, wurde die LandLust gegründet. Damit kam der Landwirtschaftsverlag seinem Auftrag nach, der in der Selbstdarstellung so lautet: „Durch Beteiligungen an Verlagen und anderen Unternehmen im In- und Ausland wurde der Landwirtschaftsverlag Münster immer wieder dem Wandel der Zeit gerecht, ergänzte nach und nach seine Angebote für die Landwirtschaft und gewährleistete dadurch die Erfüllung seines Auftrags, für die Landwirtschaft Informationen zu beschaffen, aufzubereiten und anzubieten.“
Die Zeitung formulierte als ihren Auftrag: „LandLust zeigt die schönen Seiten des Landlebens mit einer unverwechselbaren Natürlichkeit und hohen Authentizität. Die Themenpalette reicht von Gartengestaltung und -pflege über Wohnen und Dekorieren bis hin zu Koch- und Backrezepten aus der Landküche.“
Maisierung der Felder, Monokulturen, Überdüngung, Insekten- und Pflanzengifte, oder gar Mastbetriebe und Schlachthöfe, wer wollte behaupten, das wären schöne Seiten? Also: kein Wort darüber. Der Erfolg gibt ihnen Recht. Über eine Millionen Leser träumen von einer heilen, einer schönen Welt und glauben vielleicht, dass es früher auf dem Land so gewesen war.
Ich habe gerade die Mittagsstunde von Dörte Hansen gelesen. Ein Landkind flieht in Studium und Stadt, kehrt in größeren Zeitabständen in sein Dorf zurück und fragt sich, wann alles anfing, den Bach ‚runter zu gehen. Als Stadtkind staunte ich über die gewaltigen Veränderungen des Lebens auf dem Lande seit meiner Kindheit. Vom Höfesterben, vom Wegziehen der Jungen, vom angewiesen Sein auf das Auto; irgendwann machten sogar die Frauen Führerscheine! Und ich sehe, dass Frau früher gar keine Zeit hatte, Haus und Garten liebevoll zu dekorieren. Erst mussten Haushalt und Kinder und Tiere versorgt werden, dann geerntet und eingekocht. Welche Frau hatte Zeit für die schönen Gärten, die wir heute in der LandLust zu sehen bekommen? Es geht wohl eher um den Wunschtraum, es solle wieder so schön werden, wie es nie war.
Und warum das Ganze? Schauen wir wieder auf die Selbstdarstellung des Landwirtschaftsverlages: „Durch eigene Entwicklungen und auch durch Kauf von Unternehmen und Produkten passte der Landwirtschaftsverlag seine Angebote immer wieder den Bedürfnissen der Landwirtschaft an. In selbständigen Tochterunternehmen werden spezielle Medien für die Landwirtschaft, den ländlichen Raum und besondere Zielgruppen entwickelt und veröffentlicht.“
Dann sind wir also die Zielgruppe und lesen in der LandLust ein spezielles Medium, welches an die Bedürfnisse der Landwirtschaft angepasst ist, nämlich die, immer nur schöne Seiten an ihr zu finden. Sie erfüllt, so wie es schon oben zitiert ist, den Auftrag, „für die Landwirtschaft Informationen zu beschaffen, aufzubereiten und anzubieten.“
Eigentlich nimmt mir das jede Lust, die LandLust zu lesen. Aber etwas Neugier überkommt mich: Ob irgendwann einmal etwas zum Beispiel über das Volksbegehren gegen Bienensterben gesagt wird? Interessant wäre es, wie man diese Informationen im Großen und Ganzen derzeitiger Landwirtschaft aufbereiten und anbieten wollte.