In Berlin ist der 8. März seit drei Jahren Feiertag. Geplant war ein Spaziergang mit Abstand, und dann wurde es ein Event zum Thema Entwicklung von Frauenfragen und Frauenrechten mit spontanen Beiträgen. Eigentlich wichen wir nur wegen Corona in den Garten aus: Jeden Winter gehen eine Gartenfreundin, bei der Doro auch arbeitet, und ich mit Doro, meiner Lieblingsgärtnerin, ins Theater, auch, damit wir uns in langen Wintern nicht aus den Augen verlieren.
Im Botanischen Garten angekommen, berichtete Doro, dass sie in den achtziger Jahren, also im alten West-Berlin, dort gearbeitet hätte. Die vorgesetzten Reviergärtner waren alle Männer, die Nachwuchsgärtnerinnen klare Vorgaben machten, was zu tun sei. Ob man mal etwas Neues probieren könnte? „Das haben wir ja noch nie gemacht!“
Das hat uns Ältere, mit vielen Jahrzehnten Erfahrung als berufstätige Frauen, zu den skurrilsten Erinnerungen gebracht. Doro und andere Kolleginnen haben es nur 2 Jahre ausgehalten. Immerhin einmal wurde sie gelobt, als sie ein Dahlienarrangement gestalten durfte, das sei ja gar nicht so schlecht geworden …
Die Sonne war unsere Freundin, und es blühte mehr, als erwartet und schon blühten auch wir auf. Uns fielen immer mehr Verbesserungen im Leben von Frauen ein, die wir erlebt hatten. Dazu kamen herrliche Wiesen mit Crocus tommasinianus, dem Elfenkrokus, aber auch solche mit gelben Croci. In einem Feld von Winterlingen hatten sich Adonisröschen deutlich abgesetzt, durch ihre Höhe, und vor allem durch die gefüllten Blüten in ihrem Dottergelb. Und ein Hügelchen war voll mit hellblau blühenden Primeln.
Doro konnte uns einige Baumschönheiten zeigen, leider noch ohne Blätter: die Gunnera und dann eine kastanienblättrige Eiche. Wie alt sie wohl sein mag? Dafür, erst beim Umzug des Botanischen Gartens um 1900 gepflanzt worden zu sein, war sie zu groß. Jedenfalls muss ich noch einmal hin, wenn sie ihre kastanienförmigen Blätter hat! Die Ehrengräber brachten uns zur Vergangenheit unserer eigenen Familien: Wer es zu führenden Positionen im Gebiet der Botanik gebracht hatte, war vertreten. Manche, die Herren Schweinfurth und Engler, hatten auch umliegenden Straßen ihren Namen gegeben. Nur zwei von ihnen teilten ihr Grab mit einer Frau, waren die anderen alle Junggesellen?
Bei Herrn Engler war die nach ihm verstorbene Ehefrau mit im Grab, sie war einige Jahre jünger gewesen als er und für 17 Jahre Witwe gewesen. Das brachte uns zu unseren Müttern, die nicht berufstätig gewesen waren, so wie sicherlich die Botanikergattinnen auch. Ob erst in so langen Friedenszeiten, wie wir sie erleben durften, auffiel, dass Frauen einige Jahre länger leben als Männer?
Befremdlich schien uns das Mausoleum für Herrn Althoff, der noch 2014 als großes Kind seiner Geburtsstadt Dinslaken mit einer metallenen Plakette geehrt wurde. Auf dem Sockel sitzt eine überfraugroße nackte Schöne. Wer hat das wohl geplant, und wer hat Modell gesessen für die Skulptur? Bei ihrem Tode war Frau Althoff immerhin schon 82 Jahre alt …
O ja, das war ein sehr schöner, besonderer gemeinsamer Frauentag mit euch, liebe Eva, liebe Wibke – herzlichen Dank für die Einladung!
Der Rahmen, an einem köstlichen Vorfrühlingstag die saisonale Natur im Botanischen Garten zu entdecken, hätte besser nicht passen können für uns Gartenfrauen.
Und ich freue mich über Evas gelungenen Bericht, doch etwas könnte missverständlich sein und so will ich es gleich zu Anfang klarstellen: Die Gunnera ist kein Baum.
Sie ist eine ausdauernde, krautige Pflanze, die wegen ihrer rhabarberähnlich aussehenden, enormen Laubblätter (Blattspreite bis zu 1,50 m) auch „Riesen-Rhabarber“ genannt wird, obwohl sie mit diesem nicht verwandt ist.
Das Ein- und Auswintern der in Südamerika beheimateten Gunnera – hierzulande frostempfindlich und daher im Freiland sorgfältig mit Reisig-, Laubschichten und einer Plane abgedeckt – war zu meiner Zeit im Botanischen Garten stets ein herrschaftlicher (sic!) Akt.
Die Highlights unseres Ausflugstages waren zweifellos unsere Gespräche, Erinnerungen an prägende Frauen, an den eigenen Lebensweg, die emanzipatorischen Bestrebungen, an die Umstände der jeweiligen Zeit …
Mich verbindet ein Lebensabschnitt intensiver Nutzung mit dem Botanischen Garten: die Jahre als Gärtnerin in zwei unterschiedlichen Revieren und das Gartenbau-Studium in Dahlem, währenddessen „der Bot“ zum Studier- und zweiten Wohnzimmer wurde.
Unter anderem diese Erlebnisse gut 30 Jahre später hier mit euch bei einem fröhlich-nachdenklich-entspannten Spaziergang zu teilen und an euren Erfahrungen teilzuhaben, war mir ein Vergnügen!
Herzlich, Doro