Rezension: Die Blüten der Stadt – Ein Wegweiser durch die urbane Pflanzenwelt von Paul-Philipp Hanske und Christian Werner

Die Blüten der Stadt

Als ich das Buch Die Blüten der Stadt Ein Wegweiser durch die urbane Pflanzenwelt vor einem Jahr geschenkt bekam, dachte ich: noch so ein Pflanzenbuch, hab doch schon so viele! Aber schon das Lesen des Inhaltsverzeichnisses und der Einführung: „Was dieses Buch will“ weckten mein Interesse.

Wir sind angesprochen, als Stadtflaneure zu jeder Jahreszeit etwas in unserer Stadt zu entdecken. Und erfahren Neues zu altbekannten und häufigen Pflanzen wie Gänseblümchen oder Löwenzahn, Birke oder Kastanien, Rhododendron oder Schneebeere. Wo sie herkommen, aber auch, wie sie sich in der letzten Zeit an die Bedingungen unserer Städte anpassten. Ich habe es mir nun ein Jahr lang immer wieder angeguckt. Natürlich gibt es die meisten Pflanzen im April und Mai, aber auch der Winter hat seine Reize und wir lesen Interessantes über Tanne und Fichte.

Schon in der Einführung geht es „um den Duft, mit dem sie uns umwehen.“ Diesem wird nachgespürt, „es klingen oft kulinarische und sexuelle Aspekte an.“ Seitdem schnuppere ich bewusster an den Pflanzen, die mir begegnen.
Mein Interesse wuchs und ich habe die Autoren gegoogelt. Christian Werner, der Fotograf, wurde mit Preisen ausgezeichnet für seine Kriegsberichterstattung aus Syrien. Es ging ihm darum, die Bevölkerung nicht nur als Opfer zu zeigen, sondern wie sie „weiterhin versucht, ein möglichst lebenswertes, friedliches Leben zu führen.“ Bei den Pflanzen in der Stadt gelingt es ihm, sie als die Persönlichkeiten darzustellen, die sie sind, und so passen die schönen Bilder zum Text.

Herr Hanske, der Schriftsteller, stellt sich auf Youtube vor als einen, der sich vor allem für Drogen, Sex, und Pflanzen interessiert. Er unternimmt dann mit uns einen Stadtspaziergang im Frühling. Es ist faszinierend, was ihm alles zu einem kleinen Fliederbusch einfällt; er liebt den Duft und kann auch viel über die industrielle Nutzung dieses Duftes sagen. Die danebenblühende Forsythie geht bei ihm leer aus: Kein Duft, kein Nektar für Bienen, und dann dieses Gelb, auf das die Bienen hereinfallen! Nicht nur für die angenehmen Düfte findet er passende Namen, die Kornelkirsche etwa röche nach „eingetrocknetem Fischtümpel-Schlick.“

Nachdem ich im Video vom besonderen Interesse des Autoren für Drogen wusste, las ich aufmerksam den Beitrag zum Stechapfel, und weiß nun mehr über die Wirkung des in ihm enthaltenen Rauschmittels, dem Scopolamin. Es wurde (und wird) als Zugang zur Geisterwelt genutzt, etwa von Schamanen. Es führt zu echten Halluzinationen, die vom Konsumenten nicht als irreal wahrgenommen werden, anders als andere bewusstseinserweiternde Drogen, wie LSD, die nur Pseudohalluzinationen hervorrufen. „Wer sich im Mittelalter mit stechapfelhaltiger ‚Hexensalbe‘ eincremte, war sich sicher, tatsächlich mit dem Teufel oder seinen Gespielinnen geschlafen zu haben – auch wenn er oder sie in Wirklichkeit röchelnd in der Ecke der Hütte lag.“ Es folgt eine Warnung an Jugendliche, „die noch keinen Zugriff auf exquisitere Drogen haben.“ Deren Räusche endeten regelmäßig in der Notaufnahme der Psychiatrie. Für mich als Oma und ehemalige Kinderärztin ein passender Schluss dieses Beitrags.

Zum Buchsbaum spricht er mir aus der Seele: „für die gepflegte Langsamkeit eines Sonntagsnachmittags“ stünde er. Seine „Gekünsteltheit,“ die uns heute wie ein Manko erscheint, sei über Jahrhunderte seine Stärke gewesen: „Der Buchs markiert die Beherrschbarkeit der Flora.“ In den Gärten absolutistischer Herrscher, vor allem in Versailles, wird der ars topiaria, gefrönt, die aus Pflanzen Statuen macht. Dazu empfehle ich mein Kapitel Der Grüne Garten, denn es gibt sie auch in kleineren Anlagen. Natürlich geht es auch um den Geruch vom Buchs: Er sei eine Mischung aus grünem Gemüse und Katzenpisse. Wozu das dann gut ist, erfahren Sie im Buch.

Im Inhaltsverzeichnis, welches der Verlag einstellt, können Sie selbst sehen, welche der siebzig vorgestellten Pflanzen Sie interessieren.

Leseprobe

Zum Schluss meiner Rezensionen gebe ich gerne Hinweise, wem man dieses Buch schenken könnte. Hier ist es ganz einfach: Wünschen Sie es sich, oder schenken Sie es sich selbst! Da wären Ostern und Pfingsten, Muttertag und Vatertag und für die Ungeduldigen bald schon der Valentinstag. Seit letztem Jahr ist der internationale Frauentag am 8. März in Berlin ein Feiertag. In diesem Jahr fällt er auf einen Sonntag. Vielleicht tröstet ein solches Geschenk Berufstätige darüber hinweg?

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