Unser Besuch der Freundschaftsinsel in Potsdam im Rahmen einer Veranstaltung der Regionalgruppe Berlin/Brandenburg des Vereins zur Förderung der Gartenkultur war ganz nach meinem Geschmack: Am meisten mag ich Gartenführungen von Experten, die, noch jung an Jahren, ihre Freude am gärtnerischen Tun vermitteln können. Das löst bei mir Gefühle nachhaltiger Freude aus: Hier geht etwas weiter!
Thoralf Götsch, gebürtiger Potsdamer, und seit 2013 Chefgärtner, war mit Herz und Verstand dabei, er sah das große Ganze und war sich nicht zu schade, Fragen über alltägliche Gärtnersorgen geduldig bei strahlendem Sonnenwetter zu beantworten.
Ein wenig zur Geschichte: Die Insel in der Havel war schon im 19. Jahrhundert ein Naherholungsort, der Name tauchte 1842 im Testament eines Vorbesitzers auf. Ende der dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts regte Karl Foerster an, einen Sichtungsgarten für Züchtungen anzulegen, über zweitausend Sorten wurden es, die kurz danach dem Bombardement der Stadt zum Opfer fielen. Als Nächstes wurde die Insel dann „Grabeland:“ die Bürger pflanzten Gemüse an.
Die vom Landschaftsgärtner Mattern geplante Pergola aus rotem Wesersandstein von 1927 war erhalten geblieben. In den fünfziger Jahren regte wieder Karl Foerster eine Anlage mit Betonung auf Pflanzen an, 1966 kam das Projekt „Plastik im Freien“ dazu, dem der Park viele Skulpturen, auch aus Bronze, verdankt. Eine herausragende Skulptur ist dem Gärtner und Gartenphilosoph Karl Foerster gewidmet, der ein wenig bis heute im Hintergrund wirkt.
Hedwig Bollhagen, die nicht nur Geschirr, sondern auch Industriekeramiken entworfen hatte, schuf Pflanzkübel und Steckelemente für Zäune aus rot gebranntem Ton. Sie sind zerbrechlich und werden wie Kleinode behandelt, zum Glück hatte man kürzlich noch einige vom Pankower Grünflächenamt bekommen. Zur Entwicklung der Wegeführungen während der Zeit der deutschen Teilung brauchte es Kreativität: Da die Schieferplatten nicht mehr erhältlich waren, wurden sie mit Bernburger Mosaik in gelungener Weise ergänzt.
Es beeindruckt der Baumbestand auf der Freundschaftsinsel in Potsdam, ein Mammutbaum überragt die anderen: Dieser Baum ist noch keine hundert Jahre alt, die Sorte wurde erst im letzten Jahrhundert in China entdeckt und ist seither begehrt. Die Kastanien sind nur wenig von der Miniermotte befallen, laut Götsch, weil sie nicht zu dicht beieinanderstehen. Eine Linde scheint zu sterben, der Grund ist wahrscheinlich die Zunahme trockener Sommer während der letzten Jahre. Und das auf einer Insel? Sicher wissen Sie auch nicht, was das Oberflächenwasserentnahmeverbot ist: Hier die untere Wasserschutzbehörde dazu: „Die Verfügung gilt ab 1. Juli bis zum 10. Oktober 2021 – es sei denn, sie wird vorher widerrufen. Die Landeshauptstadt Potsdam weist darauf hin, dass Zuwiderhandlungen gemäß Wasserhaushaltsgesetz mit Geldbußen von bis zu 50.000 Euro geahndet werden können. Die Landeshauptstadt nutzt für Kontrollen ein Boot …“ Als Konsequenz sind zukünftig „effiziente Bewässerungssysteme“ geplant, die dann nicht vom Havelwasser gespeist werden.
Nach der Wende dauerte es, bis Entwicklung stattfand. Die BUGA 2001 in Potsdam hat die Grundlagen für die jetzige Situation geschaffen. Götsch war schon Teil des Projektes und kann auch Anekdoten beisteuern: Oft seien auswärtige Touristen vom Hauptbahnhof zur Besichtigung der Freundschaftsinsel gekommen und hätten gemeint, nun hätten sie alles gesehen, dabei war die BUGA weit außerhalb in Bornim.
Zur BUGA war der Reichtum an Stauden wieder erweitert worden. Bei unserem Besuch an einem 2. Oktober blühten die Astern, viele Schöpfungen von Karl Foerster, der sich stets originelle Namen ausdachte. Hier war wieder ein klassischer Sichtungsgarten entstanden. Allerdings müssen die Beete nach einigen Jahren gänzlich umgepflanzt werden, es gibt eine Art Dreifelderwirtschaft, wobei auch Ruhephasen der Beete vorgesehen sind.
Dann ging es um die anderen Geschöpfe Foersters: Mit Phloxen hätte man derzeit schlechte Erfahrungen, sie hätten einen Virus. Mich tröstete das über eigene Enttäuschungen gerade mit älteren Phloxen hinweg: Ich werde nun versuchen, deren Plätze planvoll zu ändern. Auch bei den Ritterspornen gäbe es Schwierigkeiten, sie seien „genetisch verbraucht.“ Die Auseinandersetzung mit dem Erbe Karl Foersters zeigt, dass es hier mehr von ihm gibt, als ein Denkmal …