Der Autor wurde 1954 als „Bauernbub“ in Bayern geboren, in seiner Kindheit erlebt er die Veränderungen der Landwirtschaft, die er dann in den Jahrzehnten seiner journalistischen Tätigkeiten durch investigative Reisen weltweit verfolgte.
Das Sterben der Höfe wird ausgezählt: „Ende der 1950er Jahre gab es in Westdeutschland, noch 1,390 000 Betriebe“. Der Autor beschreibt den Arbeitsalltag, wie damals (sehr viel!) gearbeitet wurde, und wie in den 60ern „der Fortschritt über die Bauern hereinbrach“. Es gab neue Substanzen wie Kali, Superphosphat, aber auch E 605, die für die Bauern beworben wurde und dann die Ernten vergrößerten. Das war die Grüne Revolution! „1975 noch 904 700 Höfe.“
Zehn Jahre später interviewt er in Bonn den CSU-Landwirtschaftsminister Kienzle, inzwischen sind noch 720 800 Höfe in der BRD. Kienzle „schwadroniert herum, wie alle Agrarpolitiker seiner Partei, der CSU, die sich für die Erhaltung bäuerlicher Familienbetriebe einsetzen—und eine Politik verfolgen, die das Gegenteil bewirkt.“
Grill beginnt das Buch mit dem Prolog: Agrarkrieger, wo er den großen maschinellen Ernteeinsatz für Mais mit einem militärischen Gefecht vergleicht. Die Krieger, alles Männer, sind stolz auf ihre großen und schweren Maschinen, haben ja genug gekostet! Die kleinen Blühstreifen dazwischen, in der Oberpfalz, „mutet wie ein lächerlicher Ausgleich für das Vernichtungswerk an, wie eine Art Beruhigungsbotanik“.
An Beispielen erklärt er die Schäden, die die Agrarindustrie weltweit verursacht: Arten- Pflanzen, Insekten, Mikroorganismensterben, Überdüngung, Resistenzen gegen Antibiotika, Krebserkrankungen, die wenig erforscht werden: „Aber die Oberfläche des Mondes ist gründlicher erforscht als unser Humus.“
In dieser Rezension, geschrieben in der Woche vor der Europawahl will ich unsere Situation in Europa in den Vordergrund stellen.
Noch mehr interessierten mich seine Interviews mit Bauern auf seinen vielen Reisen. Die Politik der Subventionen, die zu Überproduktionen führte, sodass Überschüsse als Hilfsgüter in arme Länder kamen, wo sie dann die einheimischen Produktionen drosselten. Überhaupt Afrika: Grill lebt in Kapstadt und hat in afrikanischen Ländern mit den Menschen, meist Bäuerinnen, gesprochen, sind doch 70% der Produkte von ihnen erwirtschaftet. In den meisten Ländern gibt es seit der Jahrtausendwende zunehmende Probleme: Weltweit hat sich der Wasserverbrauch versechsfacht.
Aber es gibt auch Aufmunterndes: philippinische Bauern haben in Jahrzehnte langen Protesten eine Reform des Feudalsystems der Großgrundbesitzer erreicht.
Und eine Bestätigung meiner Vermutung von 2019: „Wussten Sie, dass deutsche Behörden zur Bewertung der Schädlichkeit von Substanzen nicht-öffentliche Studien der Industrie verwenden? Und denen mehr vertrauen, als veröffentlichten Studien unabhängiger Wissenschaftler?“ schrieb ich in der Rezension des Buches Die Akte Glyphosat (2017) Rezension: Die Akte Glyphosat von Helmut Burtscher-Schaden. Inzwischen weiß man, dass sie das sogar in Copy and Paste getan haben!
Damit sind wir wieder in Europa. Die Chemieriesen haben aktuell verhindert, dass Glyphosat verboten wurde. Es kostete sie 33,5 Millionen Euro, allein im Jahr 2022. Der Green Deal wurde aufgeweicht. Grill beschreibt eine Reihe von positiven Entwicklungen, die aber eher kleinteilig sind. Und er schlägt vor:
Konversion der EU-Haushaltshilfe, Umleitung der Subventionen, „Millionengeschenke die Agrarindustrielle und Großgrundbesitzer für Flächenstilllegungen kassieren“
Flächenbezogene Viehhaltung, nur so viele Tiere, wie ohne Futtermittelzukauf aus dem globalen Süden möglich ist
EU-Ausfuhrstopp für Pestizide
Green Deal umsetzen!
Der Wahl-O-Mat hat mir geraten, Volt zu wählen. Kenne ich kaum. Ob ich zur Wechselwählerin werden sollte? Aber sicher treffen Sie eine Wahl, die verhindert, dass unsere Lebensgrundlagen weiter zerstört werden!