Rezension: Rein ins Grüne – Raus in die Stadt von Renate Künast und Viktoria Wegner

Rein ins Grüne - Raus in die Stadt

Das große bunte Buch Rein ins Grüne – Raus in die Stadt liegt vor mir, knapp 180 Seiten, reich bebildert und im (fast) DIN A4 Hochformat aufwändig gestaltet.

Im Vorwort wird die Zielgruppe beschrieben: Liebhaberinnen und Liebhaber von Gärten, die „schon fast alle Reisen zu Schlossgärten, Bauerngärten und englischen Landschaftsgärten gemacht haben“ und nun sehen können, wie sie „Ihre Städtereisen mit ihrer Garten- und Pflanzenleidenschaft verbinden können.“ Die neuen Gärten sind in den Städtereiseführern noch nicht beschrieben, hier wird dies nachgeholt.

Erst lernen wir etwas über die Geschichte des öffentlichen Grüns, dann besuchen wir gut zwanzig Gartenprojekte, die über Deutschland verteilt sind, manche in Österreich und in der Schweiz. Dann gibt es noch Gartentipps für Regionen im Norden und Süden, Osten und Westen, und auch in der Schweiz und in Österreich.

Durch die breite Auswahl lernen wir, oft im Gespräch mit den Verantwortlichen vor Ort, die Vielfalt der Organisationsstrukturen kennen, die meist von unten nach oben aufgebaut wurden, oftmals wenig von Behörden unterstützt, aber auch, wie bei der Essbaren Stadt Andernach von den Behörden, also von oben kommen. Da gibt es Ackerhelden, in Bremen die Gemüsewerft, einhundert Gruppen, die Mundraub an über 5000 Fundorten organisieren. Manche haben auch Beschäftigungsmöglichkeiten für Behinderte. Ganz als Kinder ihrer Zeit beeindruckten mich die Kinder aus Erfurt in der LAGUNE; sie schützen ihre Persönlichkeit, indem sie Masken vor ihre Gesichter halten oder uns den Rücken zu drehen.

Dann gibt es Sonderthemen, zu samenfestem Saatgut, Bienen, gesunden Böden, die von der Hauptautorin verfasst wurden. Dabei schlägt sie den Bogen von unserem Komposthaufen in der Gartenecke zu weltweiten Bewegungen, wie der Kampagne Save our soils.

Manchmal schreibt die Autorin „ich“ oder „wir“, das sind dann wahrscheinlich die Texte, die Renate Künast verfasst hat. Sie macht oft und gerne Rezeptvorschläge, was man mit selbst Gezogenem alles herstellen kann, etwa mit Schwarzkohl, der schmeckt nämlich gewickelt am besten.

Im Vorwort weist sie daraufhin, dass schon jetzt in den Städten ein „massiver Rückgang des Chemieeinsatzes“ und deshalb „eine größere Artenvielfalt bei Pflanzen und Vögeln“ zu sehen ist, als in Gebieten mit intensiver Landwirtschaft. Sie fordert eine neue Art von Stadtplanung, die zu einem besseren Stadtklima führen sollte. Die dazu benötigten Flächen brauchen ihre Absicherung. „Ich wünsche mir die Ausweitung von Fördermitteln auf Landwirtschaft im urbanen Raum,“ sagt einer der Interviewpartner in der Annalinde in Leipzig.

Anfangs habe ich mir beim Lesen mehr klare politische Forderungen gewünscht, schließlich kenne ich Frau Künast seit über dreißig Jahren und war gespannt auf das, was sie zu sagen hat. Bei längerem Lesen wurde mir klar, dass sie gerade diese vermeidet. Durch geschickte Auswahl der Projekte und deren Betreiber lässt sie diese sagen, was nötig ist, um unsere Städte lebenswerter zu machen.

Dazu bietet das Buch einen guten Einstieg. Wir blicken auch in andere Großstädte, in die Stadtgärten der Zukunft in Singapur, Londen, Paris oder Berlin. Da ich ja zur oben beschriebenen Zielgruppe zähle, die schon viele schöne alte Gärten gesehen hat, habe ich mir gleich zwei Projekte ausgesucht, die ich in der nächsten Zeit besuchen werde: eins davon ist in Berlin, die ECF Farm, wo mit Aquaponik Barsche und Basilikum produziert werden, das will ich sehen!

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