Der antiautoritäre Garten: Gärten, die sich selbst gestalten

Ein antiautoritär gestalteter Garten: Was kann das werden? Ich erinnere mich an die Siebziger und Achtziger Jahre, wo ich als Kinderärztin mit so erzogenen Kindern zu tun hatte. Sie waren von meiner Autorität eher überfordert, als dass sie selbstbewusst oder gar aufgeblüht erschienen wären. Mit neugierigen, etwas spitzen Fingern bestellte ich das Buch zur Rezension und lese den besten Ratgeber, den ich kenne!

Besonders für angehende Hobbygärtner:innen möchte ich ihn empfehlen, schon auf dem Titelblatt der Hinweis: Weniger Aufwand/mit selbst versamenden Pflanzen, auf der Rückseite wird ergänzt: Gärtnern mit dem Zufall—naturnah & pflegeleicht. Und: Weniger gießen/mehr genießen! Wer wollte das nicht?

Das Buch hat ca. 130 Seiten, fast in DIN A4 Größe, mit vielen Fotos und Zeichnungen zur Erläuterung des Textes. Pflanzen werden mit ihren Besonderheiten genau beschrieben und gezeigt. Zum Schluss kommen die üblichen Hinweise.

Es beginnt mit „Gärten in Bewegung—vom Winde verweht“, wo die „Philosophie“ dargestellt wird: Beobachten, das Sosein der Pflanzen verstehen lernen und: „Den Pflanzen die Freiheit zugestehen, sich dort anzusiedeln, wo es ihnen gefällt und wo ihre Lieblingsplätze sind.“

Das längste—und interessanteste—Kapitel heißt: wie vermehren sich Pflanzen, warum tun sie das, welche Strategien haben sie dabei entwickelt, wie verteilen sie ihre Samen.

Dabei werden natürlichen Kreisläufe beschrieben, wo brauchen die Pflanzen Insekten zur Bestäubung und welche Samen brauchen diese, um sich zu ernähren. Es werden auch Knollen, Zwiebeln und Ausläufer beschrieben. Nachdem ein solcher Gedankengang abgeschlossen ist, werden die Pflanzen, oder auch Insekten genau dargestellt, meist als Foto, aber auch mit Zeichnungen.

Hier merkt man, dass eine Profi gekonnt ihr Basiswissen, und das geknüpft an gelebte Erfahrungen, weitergibt, ich habe sie gleich gegoogelt und mich für Mitteilungen von Blühende Landschaften.de angemeldet, diese Initiative hat sie mitgeprägt.

Dann werden bestimmte Gartenorte beschrieben: Klassisches Staudenbeet, sonnige Sitzplätze, Vorgärten oder Mauern. Auch dem Gravel Garden ist ein Kapitel gewidmet, vor allem aber geht es darum, wie Übergänge gestaltet werden können. Hier wird es sehr konkret: wie kann ich eine Vliesunterlage vermeiden, die ja Regenwürmer behindert oder wie kann ich meinen Rasen in eine Wiese umwandeln? In solchen Gelegenheiten kommt dann der Hinweis, dass Gärtnern unsere Geduld schult.

Besonders gefallen mir die Tabellen, etwa zu den Bepflanzungsvarianten, die zu den in Kapiteln beschriebenen Orten passen: Stauden, flächig, Initialstauden, Initialstauden plus Aussaat oder nur Aussaat. Davon gibt es mehrere, die Eigenschaften der Pflanzen unter relevanten Aspekten aufzählen.

Unseren Garten haben wir mit vielen Rosen und Stauden übernommen, die ich erst mit ebensolchen ergänzte. Erst die Enkeltöchter fingen mit Samentütchen an und wir bekamen ein- und zweijährige Pflanzen. Nachdem sie feststellten, dass einige gekaufte Samentütchen nur Hybridsamen enthielten, die keine Samen produzierten, lernten sie, dass sie „samenfest“ sein müssen, bio reicht nicht Saatgut: Bio oder samenfest?!

Seither ziehe ich allein, die Enkel haben nun andere Schwerpunkte, meine Nigella, Cosmeen, Lanzenrittersporn, Mohn und Zinnien (die ich bei der Autorin vermisse) jedes Jahr und natürlich Tomaten. Die Samen werden in Papiertütchen aufbewahrt, die empfohlene Methode mit verschlossenen Gläsern ließ meine verfaulen. Trichterwinden lasse ich einfach im Boden und topfe sie dann ein: zum Verschenken. Und Akeleiensamen puschel ich in vorgesehene Orte und lasse mich von ihnen überraschen. Akeleien

Nun nochmal zur Pädagogik: Im Text spricht sie auch vom Vagabundengarten, das gefällt mir besser, vor allem, dass sie Akeleien als solche vorstellt. Von antiautoritärer Erziehung spricht schon seit Jahrzehnten niemand mehr, was manche Eltern heute betreiben, wird eher als Wohlstandverwahrlosung kritisiert. Heutige Leitlinien zur Betreuung von Kleinkindern sprechen von „klarer Führung“, die die Autorin auch betreibt und empfiehlt. Zum Schluss werden frische Pflänzchen gezeigt wie Quecken, Giersch oder Disteln, die unbedingt entfernt gehören. „Liebevoll Grenzen setzen“ wird im Text vorgemacht. Aber hätte ich das Buch bestellt, wenn die heutigen Erkenntnisse zu Erziehung im Titel gestanden hätten?

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