
Wer blühende Kamelien sehen will, der sollte für den Frühling eine Reise nach Galizien planen. Im Buchkapitel über unsere Reise dorthin warnte ich schon vor dem Regen in dieser Jahreszeit. Auch wenn wir den Kamelien nur das Beste wünschen, und das scheint Regen zu sein: Ihnen und uns wünschen wir schönsten Sonnenschein beim Besuch …
Im letzten Jahr fuhren wir wieder hin, auch weil Herr Piñeira uns in den Quinteiro da Cruz eingeladen hatte. Diesmal flogen wir über Porto und besuchten danach noch Lissabon. Vorbereitend auf Reisen in für mich neue Länder lese ich gerne Romane, um Stimmungen von Land und Leuten besser zu erfassen. Es wurde ein Roman über die Bewohner eines Hauses in Lissabon von Antonio Lobo Antunes. Besonders sprach mich an, dass er Psychiater war, bevor er Schriftsteller wurde. Welche Einblicke in die Volksseele er haben muss! Im Haus lebte eine verrückte Alte, die niemand so recht ernst nahm. Ihr verrückt Sein bestand darin, dass sie immer wiederholte; „In Galizien regnet es jeden Tag!“

Dort angekommen, erkannten wir, welche Weisheit aus ihr sprach: es regnete wahrhaftig jeden Tag. In unserer Ferienwohnung in Villanova di Arousa blickten wir auf die Ria di Arousa und konnten die Wanderungen der Regenströme verfolgen. Zur Belohnung gab es dann bis zu drei Regenbögen auf einmal zu sehen, ein herrlicher Anblick und das Beste: Wir blieben trocken.




Nachdem ich den Bericht über blühende Kamelien in Galizien gelesen hatte (DIE ZEIT 08/13), begann ich mit dem Planen einer Reise für die Monate Februar oder März, wenn die Blüten ihren Höhepunkt erreicht haben. Wir Rentner schafften es im folgenden Jahr. Kurze Internetrecherchen ergaben, dass es keine für uns geeigneten Reisen von Veranstaltern gibt. Nicht, dass wir lieber eine solche Reise gebucht hätten, wir sind überzeugte und inzwischen erprobte Individualreisende. Die Kataloge für Gartenreisen lasse ich mir seit vielen Jahren schicken und besuche Gärten, die mir darin interessant erscheinen, auf eigene Faust. Dabei entgehen uns vielleicht die Einladungen in Privatgärten, zur Teatime mit selbstgebackenen Scones. Bisher reichten mir die öffentlich zugänglichen Gärten für mein Gartenreiseglück.

In meinem Londoner Winter begann ich mit dem Lesen von Gartenzeitschriften. Das monatliche Erscheinen der Mitgliederzeitschrift der Royal Horticultural Society schenkte mir regelmäßige Höhepunkte in meinem Studentenleben. Ich war für das eine Jahr Mitglied geworden, das ich in London studierte. Wenn das Magazin kam, ließ ich für mindestens einen Abend die Texte liegen, die wir täglich für das Studium zu lesen hatten. Erst einmal vertiefte ich mich in meine Gartenzeitschrift. Die Fotos waren schön, auf ihnen blühte fast immer etwas, auch im Winter, und die Autoren sprachen von ihren Erfahrungen mit und von ihren Vorlieben für manche Pflanzen.
Ihre großen Blüten mitten im Winter faszinieren mich, seitdem ich sie in London kennenlernte. Sie fingen in den Stadtparks im Januar an zu blühen. Im Februar gab es riesige Wände voll Blüten im Botanischen Garten Kew Gardens, zu dieser Zeit auch in Cornwall und Wales, in den dort angelegten Gärten und Parks. Das ist es, was mich so anzieht, ihre großen Blüten, wenn andere Pflanzen ihren Winterschlaf halten. Die Kamelien bestimmen seither meine Winter. Im Oktober beginnen die zwei weißen Sasanquas zu blühen, wenn wir Glück haben und der Frost spät im Jahr kommt, oder erst im neuen Jahr, dann strahlen sie in diesen dunklen Zeiten. Von den anderen, die auch draußen sind, sehen wir die Blüten erst im April und Mai, zu einer Zeit, in der die Frühlingsblüher ihnen Konkurrenz machen. Uns fehlt der Golfstrom, der ihnen im Winter mit seiner Wärme zur Blüte verhilft. Inzwischen habe ich fünf Kamelien, aber mehrere sind schon eingegangen. Die erste überlebende Kamelie war eine R. Wheeler, heute ist sie die größte von allen.

Für herbstliche Pflanzarbeiten brauchen wir viel Erde, sie wird aus dem Kompost gewonnen und auf den Beeten und in Mulden im Rasen verstreut. Manchmal müssen wir Blumenerde dazukaufen, wenn Ende November die Rosen gehäufelt werden, um die Veredelungsstelle zu schützen.